“Die persönliche Bilderwelt des Malers Etzer”

Die Bilder von Peter Apolonius Etzer zeigen eine heitere, lichtdurchflutete und farbenfröhliche Welt. Es ist die Welt eines Menschen, der stets auf der Suche nach dem Schönen ist. Der mit offenen Augen und weitem Herzen durch die Natur wandelt, sie in sich aufnimmt – doch nicht gleich fotografisch, sondern die Bilder in sich speichert, um sie im Atelier in seiner eigenen Formsprache wiederzugeben.

Jedwede Malerei, grundsätzlich jede künstlerische Aussage, hat ihre Wurzeln. Bei Peter A. Etzer reichen sie in ein höchst beachtliches künstlerisches Umfeld, in eine Zeit, als sich die Malerei vom erstarrten Akademismus löste, um sich in freien Bahnen zu bewähren. Es war Paul Gauguin, der seinem Freund, dem Maler Emile Schuffenecker, den Rat gab, nicht so sehr die Natur zu kopieren: “Kunst ist eine Abstraktion. Versuche dadurch zur Abstraktion in die Natur zu gelangen, indem Du von ihr träumst. Aber denke dabei mehr an das Schöpferische als an das Ergebnis.”

Noch ein wichtiges Beispiel: Als Paul Serusier, führender Theoretiker des Symbolismus und Begründer der Nabis-Gruppe, Pont-Aven verließ, führte Gauguin ihn zum Bois dÀmour also Park der Liebe, und fragte ihn: “Wie siehst Du diese Bäume?” – Sie sind gelb. “Nun, dann nimm Gelb.” – Und jener Schatten ist eigentlich blau. “Dann male ihn also in reinem Ultramarin.” – Und die roten Blätter? “Nimm Zinnoberrot.” In diesem knappen Worten sind viele Konzepte enthalten, auf die sich die experimentelle Malerei des 20. Jahrhunderts gründete.

Peter Apolonius Etzer ist vom Neoimpressionismus beeinflusst, genauer gesagt vom Pointilismus oder Divisionismus eines Georges Seurat. Seurat ging vom Impressionismus und wissenschaftlichen Untersuchungen optischer Phänomene aus und baute seine Bildleinwände mit kleinen scharf gesetzten Pinselstrichen auf, meist in komplementärfarben wie Rot-Grün, Violett-Gelb, Blau-Orange und in Weiss. Das komplizeirte “Mosaik”, das er mit seiner feinen Technik schuf, ähnelt gewissermaßen dem klassischen Mosaik. Er schuf eine Art, die Struktur geometrisch zu ordnen und wurde so zu einem wichtigen Baustein auch der Abstraktion. Dieser Divisionismus hat Nachwirkungen bis heute, nicht nur auf den Fauvismus, auf Teile des Kubismus, auf Maler des Jugendstils – denken wir nur an Gustav Klimt – und auf viele deutsche Expressionisten. Und Seurats Kunst ist bis auf den heutigen Tag in vielen experimentellen Flügeln der modernen Malerei wirksam geworden.

Auch der Künstler Etzer hat sich dieser großen Auseinandersetzung gestellt. Und er hat dabei seine eigene, stark ausgeprägte Linie gefunden. Das beginnt mit der Wahl seiner Motive; es sind jeweils Ausschnitte der Natur. Dabei ist Etzer höchst erdverbunden. Mit dem Himmel hat er es nicht, der kommt nur sehr sparsam vor. Ihn interessiert vielmehr die Landschaft an sich. Jedoch die im wesentlichen von Menschen gestaltete Landschaft: die bebaute Natur, bestellte Acker, die kultivierte Landschaft, das Stilleben.

Peter A. Etzer kommt aus der Schule des Lithographen, der weiß um den Wert des Goldenen Schnittes. Immer wieder ist dieser Schnitt zu finden, im horizontalen oder vertikalen Bildaufbau, wobei er auch durch raffinierte Schrägschnitte Blickpunkte schafft, die den Bildern eine satte Tiefe geben. Wenn Ackerfurchen bis zu einer Hügelkuppe laufen und sich dann wenden, dann erzeilt er kontrastische irkungen. Was sich in seinem Auge gesammelt hat, wird Punkt für Punkt wiedergegeben in kurzen kräftigen Pinselstrichen oder pastos aufgetragenen Farbflecken. Diese Punkte setzen sich dem Betrachter wiederum zu einem Bild zusammen.

Schließlich: die Farben! Um seine Farben ist Etzer zu beneiden. Sie zeigen einen Künstler, der es vermag, durch seine Farben eine Wollust zu erzeugen, eine innige Welle der Sympathie zu vermitteln. Formen und Farben machen Etzers Bilder unverwechselbar.

In zahlreichen Ausstellungen hat Peter Apolonius Etzer einen Freundeskreis gefunden, der diesem Zusammenklang von farbigen Schwingungen geradezu verfallen ist. Kein Wunder, denn die Welt dieses Künstlers ragt aus einer eher stumpfen Umwelt hervor. Es war Cezanne, der die Natur durch Farbe nachschaffen wollte und von Würfeln, Zylindern und Kreisen sprach, also von Abstrahierungen, ohne sich jedoch von der Natur wirklich zu lösen und der auf die gesamte Entwicklung der Malerei des 20. Jahrhunderts einen wesentlichen Einfluß genommen hat. Hier ist ein Künstler am Werk, der auch diesen Ruf aufgenommen hat, der zwar ein Originalmotiv abbildet – und doch ist es etwas ganz anderes geworden. Es ist die eigene Wirklichkeit in sich selbst. Es ist die persönliche Bilderwelt des Malers Etzer.

Karl Heinz Ritschel